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Geldpolitischer Ausblick: Lockerung in Sicht?

Auf dem Symposium der Kansas City Fed in Jackson Hole hat der Vorsitzende der US-Notenbank Jerome Powell unter Berufung auf einen sich abkühlenden Arbeitsmarkt und eine nachlassende Inflation mögliche Zinssenkungen in Aussicht gestellt. Powells Äusserungen verdeutlichen eine Verlagerung hin zu einem flexibleren, "datenabhängigen" politischen Ansatz. Angesichts der bevorstehenden September-Sitzung der US-Notenbank warten die Märkte gespannt auf Signale über den Zeitpunkt und das Ausmass möglicher Zinssenkungen bis zum Jahresende.

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Autor
Dr. Wolfgang von Hessling, Chief Economist EMEA
Lesezeit
10 Minuten

Strategist Jackson Hole
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Powells jüngste Äusserungen in Jackson Hole, Wyoming, deuteten stark auf die Möglichkeit erster US-Zinssenkungen in naher Zukunft hin. In seiner Rede über die sich entwickelnde Wirtschaftslandschaft räumte er ein, dass "die Zeit für eine Anpassung der Politik gekommen ist", was die Erwartung verstärkte, dass die Zentralbank auf ihrer bevorstehenden Septembersitzung die Zinsen senken könnte. Er stellte fest, dass die Verlangsamung auf dem Arbeitsmarkt nun "unverkennbar" sei, dass die Fed eine weitere Abkühlung "weder anstrebe noch begrüsse" und bekräftigte, dass sich die Inflation zunehmend auf einem "nachhaltigen Pfad" zurück in Richtung des 2%-Ziels der Zentralbank befinde.

Powell räumt Fehleinschätzung des Preisanstiegs ein

Powell ging in seiner Rede auch auf die Reaktion der Fed auf den Inflationsschub in den Jahren 2021-2022 ein und räumte ein, dass die ursprüngliche Annahme, der Preisanstieg sei nur vorübergehend, eine Fehleinschätzung gewesen sei. Dies habe zu einer schnellen Serie von Zinserhöhungen geführt, die den Leitzins zwischen Frühjahr 2022 und Sommer 2023 um fünf Prozentpunkte nach oben getrieben hätten. Angesichts einer Inflationsrate von unter 3%, eines schleppenden Wirtschaftswachstums und Anzeichen einer Abkühlung auf dem Arbeitsmarkt wird die derzeitige ultrarestriktive Haltung jedoch zunehmend als nicht mit den allgemeinen wirtschaftlichen Bedingungen vereinbar angesehen.

Aus heutiger Sicht erscheint die äusserst restriktive Geldpolitik der Fed angesichts des Zustands der US-Wirtschaft übertrieben. Während das BIP-Wachstum der US-Wirtschaft seit der ultrarestriktiven Zinspolitik erstaunlich robust geblieben ist, sind Anzeichen für eine Abkühlung der Konjunktur allgegenwärtig: Trotz des anhaltenden Inflationsdrucks zu Beginn dieses Jahres zeigen die jüngsten Daten eine deutliche Verlangsamung sowohl der Gesamt- als auch der Kerninflation. Gleichzeitig lassen die Einstellungsraten und der Lohndruck nach, und die Anträge auf Arbeitslosenunterstützung nehmen zu - Indikatoren, die auf einen Arbeitsmarkt hindeuten, der allmählich den Schmerz der anhaltend hohen Zinssätze zu spüren bekommt. In Anbetracht dieser Entwicklungen wächst der Konsens darüber, dass Zinssenkungen bis zum Jahresende notwendig sein könnten, wobei einige Expertinnen und Experten eine Senkung um bis zu einem Prozentpunkt vorhersagen, wodurch der Leitzins auf etwa 4.5% sinken würde. Powell hob hervor, wie wichtig es ist, bei der Anwendung der in den letzten Jahren gewonnenen Erkenntnisse flexibel zu bleiben, und betonte, dass künftige Entscheidungen "datenabhängig" sein und auf neu auftretende Risiken reagieren werden. Da sich die Wirtschaftstätigkeit abschwächt und die Inflationsrisiken nun ausgewogener sind, gehen viele davon aus, dass die Fed ihre Haltung in Richtung Lockerung ändern wird.

Fed sieht reichlich Handlungsspielraum, Märkte erwarten Zinssenkungen

Die entscheidende Frage für die Zukunft ist, ob die Fed den Spagat ihres doppelten Mandats - Rückkehr der Inflation auf 2% bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung eines starken Arbeitsmarktes - erfolgreich fortsetzen kann, ohne die Wirtschaft in eine Rezession zu stürzen. Wie Powell feststellte, bietet das derzeitige Zinsniveau der Zentralbank reichlich Spielraum, um auf diese Risiken zu reagieren, insbesondere wenn sich die wirtschaftliche Abkühlung vertieft. Alle Augen werden auf die September-Sitzung der Fed gerichtet sein, auf der die Märkte klarere Signale über den Zeitpunkt und das Ausmass möglicher Zinssenkungen bis zum Jahresende erwarten.
 

 

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