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Februar 2023

Die Hauptanlageklassen sind fulminant in das neue Jahr gestartet, dennoch halten Anleger weiterhin hohe Bestände in Liquidität. Im festverzinslichen Bereich halten wir Unternehmensanleihen mit hoher Bonität und kurzer Laufzeit für besonders attraktiv. Wir orten Neubewertungspotenzial in Bankaktien und bevorzugen europäische Finanzhäuser gegenüber der US-Konkurrenz.

Datum
Autor
Thomas Wille
Lesezeit
10 Minuten

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Die Märkte sind in den ersten Wochen des neuen Jahres fulminant gestartet. Nicht nur Aktien mit +6.3% und Anleihen mit +4% sind positiv gestartet, sondern auch alternative Anlagen wie Gold notieren mit einem satten Plus von 6.6%. Als Anleger könnte das Gefühl aufkommen, die Zentralbanken würden bereits wieder die quantitative Geldlockerung (QE) propagieren. Dies ist definitiv nicht der Fall mit den weiteren erwarteten Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank (Fed) zu Beginn des Monats Februar. Die Kapitalmärkte erwarten, dass dem Fed ein bilderbuchmässiges «Soft landing» der Wirtschaft gelingt und sich der Inflationsdruck schon bald in Luft auflösen wird. Aus unserer Sicht haben die Märkte in den letzten Wochen die Herausforderung für die Notenbanken, insbesondere das Fed, erhöht, da sich die Finanzierungskonditionen wieder zu lockern begonnen haben. Die Gründe liegen auf der Hand: Steigende Aktienkurse, ein schwächerer US-Dollar, sinkende Zinsen und geringere Kreditrisikoprämien (Spreads) bei Anleihen. Es bleibt abzuwarten, wie das Fed an der nächsten Sitzung auf diese Bewegungen reagiert.

Weniger schlecht ist nicht gut

Die Gewinnsaison ist in vollem Gange und die negativen Gewinnrevisionen dürften wohl auch im ersten Halbjahr weitergehen. Die Aktienmärkte signalisieren, dass zwar die Gewinnsituation derzeit nicht rosig ist, aber mit dem oben beschriebenen Narrativ des «Soft landing» sowie stark fallenden Inflationsraten auch wieder höhere Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) gezahlt werden können. Derzeit liegen die Gewinnschätzungen für den S&P 500 im Bereich von 210 bis 220 US-Dollar. Bei einem Stand von 4100 Punkten impliziert dies ein KGV von 19, was historisch hoch ist. Der Spielraum für Fehler ist aus unserer Sicht sehr gering. Hinzu kommt, dass die Gewinnrendite des S&P 500 bei etwa 5.5% liegt und damit nicht höher ist als die Rendite einer kurzfristigen Unternehmensanleihe, die ein klar tieferes Risikoprofil besitzt. Die Aktienmärkte ausserhalb der USA weisen eine attraktivere Bewertung auf, deshalb sind globale Aktien ex-USA den US-Valoren vorzuziehen.

Hohe Liquidität

Trotz dem Anstieg von vielen Anlageklassen haben in den letzten Monaten Geldmarktfonds einen starken Zufluss erhalten. Aktuell sind gegen 5 Billionen US-Dollar im Bereich der Liquidität geparkt. Somit besteht für die Anleger in den kommenden Wochen die Gefahr, dass der klassische «Pain trade» weiter für steigende Kurse sorgen könnte. In unserer heutigen Anlegerwelt mit «Benchmarks» und «Peergroups» nimmt der Druck stetig zu und die Angst, kurzfristig «underperformen» zu können, steigt.

Selektive Chancen

Der beschriebene fulminante Start ins neue Jahr hat fast alle Anlagekategorien beflügelt und der Januareffekt bzw. die Saisonalität sind dieses Jahr besonders stark. Wir halten an unserer vermögensübergreifenden Strategie – Obligationen werden gegenüber Aktien bevorzugt – fest. Wir sehen in fast allen Anlageklassen sehr selektiv Opportunitäten, vor allem im Investment-Grade-Anleihen-Bereich, der weiterhin eine attraktive risikoadjustierte Rendite besitzt. Dies ist auch der Grund, warum wir in den Portfolios den Anteil zu Lasten der Liquidität weiter erhöhen. Das Risikoprofil wird dadurch nur sehr leicht erhöht.

Aktienstrategie

Unsere Aktienpositionierung bleibt weiterhin defensiv, da sich die Bewertungen im obersten Quartil befinden. Wir präferieren den Pharmasektor sowie Finanzwerte. Nicht-Basiskonsumgüter und Technologiefirmen halten wir weiterhin für unattraktiv. Innerhalb der Finanzwerte möchten wir noch einmal Banken ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. Vor allem europäische Banken, die heute eine höhere Rentabilität besitzen und tiefer bewertet sind. Aber auch Versicherungswerte stufen wir aufgrund der attraktiven Dividendenrendite in Kombination mit Aktienrückkaufprogrammen als attraktiv ein.

Anleihenstrategie

Der Obligationenbereich in einem Multi-Asset-Portfolio bleibt attraktiv und wir fahren weiter eine neutrale Duration. Den Investment-Grade-Bereich bauen wir weiter auf und haben auch eine Präferenz für Staatsanleihen. Bei hochverzinslichen Obligationen (High Yield) bleiben wir vorsichtig, da es in einem volkswirtschaftlichen Abschwung in der Regel einen Anstieg von Kreditausfällen gibt. Die Spreads sind für die erwarteten Risiken aus unserer Sicht unattraktiv.

Alternative Anlagen

Die Herausforderung für das Anlegerjahr 2023 bleiben trotz fulminantem Start weiter bestehen. Deshalb bleibt unser Fokus auch auf tiefkorrelierenden Bausteinen wie Hedgefonds und «Liquid Alternatives», welche mit attraktiv eingestuft werden. Gold finden wir zwar langfristig weiter attraktiv, würden die Position aber nach der starken Rally nur bei Rückschlägen 
aufbauen.

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