LGT Private Banking House View

September 2023

Die Risiken für die Dynamik des Wirtschaftswachstums haben zugenommen, was uns zu einer Herabstufung der Schwellenländermärkte und einer Heraufstufung des besser isolierten US-Aktienmarktes bewegt, die nun beide auf "Neutral" stehen. Bei den festverzinslichen Wertpapieren gehen wir davon aus, dass das Zinsumfeld noch länger auf einem hohen Niveau bleiben wird. In unserem aktuellen House View werfen wir zudem einen Blick auf die Korrelation zwischen Aktienrenditen und Anleiherenditen. 

Datum
Autor
Gérald Moser, CIO & Head Investment Services Europe
Lesezeit
7 Minuten

Würfel
© shutterstock

Der Anker unserer Vermögensallokation ist unsere Strategische Asset Allocation (SAA). Dieses robuste Portfolio leitet sich aus unseren langfristigen Prognosen für die erwarteten Renditen, die antizipierte Volatilität und die Korrelationen zwischen den Anlageklassen Aktien, Anleihen, alternative Anlagen und Barmittel ab. Wenn wir
monatlich unsere Taktische Asset Allocation (TAA) überprüfen, fragen wir uns jeweils, ob es einen guten Grund gibt, von diesem langfristigen Portfolio abzuweichen.

Manchmal lautet die Antwort nein. Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir der Meinung, dass wir mit unserer SAA aus Sicht des Portfolios an den Kapitalmärkten gut positioniert sind. Wir sind der Meinung, dass in den nächsten Monaten fast alle Vermögenswerte von zwei wichtigen Marktfaktoren beeinflusst werden: einerseits von der Ausrichtung und möglichen weiteren Massnahmen der US-Notenbank und andererseits von der Wirtschaftsentwicklung in China. Diese Faktoren sind äusserst unsicher und unvorhersehbar. Angesichts der mangelnden Transparenz und des Risikos, dass die Preise von Vermögenswerten in Abhängigkeit von einem binären Ergebnis stark schwanken können, halten wir aktive TAA-Positionen auf der Ebene der Vermögensklassen für unattraktiv.

Daher ziehen wir es vor, mit unserer SAA auf die langfristigen Fundamentaldaten zurückzugreifen, anstatt auf der Grundlage einer geringen Überzeugung von politischen Entscheidungen zu handeln. Das bedeutet aber nicht, dass es an den Finanzmärkten nichts zu diskutieren gibt - im Gegenteil.

In unserer makroökonomischen Bewertung werfen wir einen genaueren Blick auf die Wachstumsindikatoren. Wie erwartet, haben sich die Daten im Sommer weiter verschlechtert, was uns veranlasst, die Zyklizität im Aktienbereich zu reduzieren. Im Aktienteil unserer Hausmeinung erläutern wir, warum wir Schwellenländeraktien auf "Neutral" und Industrie- und Konsumgüter auf "Untergewicht" herabstufen.

In unserer Anlagestrategie und unserer Einschätzung zu festverzinslichen Wertpapieren erörtern wir, warum die Zinssätze wahrscheinlich länger hoch bleiben werden und was dies für die Beziehung zwischen Aktien- und Anleiherenditen bedeutet. Im letzten Monat löste der Anstieg der Renditen einen Ausverkauf bei den Aktien aus. Diese Korrelation ist bei der Zusammenstellung eines Portfolios äusserst wichtig und gibt auch einen Hinweis darauf, wie Aktien kurzfristig auf Daten reagieren könnten. Im Devisenbereich wägen wir die günstigen Bewertungen des Yen gegen andere Faktoren ab.
 

Makroökonomisches Umfeld

Das globale Wachstum kühlt sich seit der Jahreshälfte weiter ab. In den USA droht eine weitere Verlangsamung der Konsumaktivität, das BIP-Wachstum bis zum Jahresende zum Stillstand zu bringen. Dazu kommt, dass eine breit angelegte Wachstumsschwäche in China und deren Ausstrahleffekte, insbesondere auf die exportorientierte Euro-Wirtschaft, weiteres Bremspotenzial für die Weltwirtschaft birgt. Wir erwarten für das zweite Halbjahr 2023 ein sehr schwaches bzw. Nullwachstum in den USA, eine Fortsetzung der konjunkturellen Abkühlung in China und eine erhöhte Rezessionsgefahr für die Eurozone. Immerhin sorgt der schwache Nachfragedruck für weiteres Disinflationspotenzial, was zumindest den geldpolitischen Ausblick etwas entspannen dürfte.
 

Anlagestrategie

Die Korrelation zwischen Aktien- und Anleiherenditen ist wieder negativ geworden und hat ein Niveau erreicht, das zuletzt vor mehr als 20 Jahren zu beobachten war. Wir glauben jedoch nicht, dass dies der Beginn eines neuen strukturellen Regimes ist, wie wir es zwischen den 1960er und 1990er Jahren erlebt haben. Wir gehen davon aus, dass die Inflation in den nächsten Jahren gut verankert sein wird und die Zentralbanken sich wieder auf die Steuerung des Wachstums und nicht der Inflation konzentrieren können. Dies ist ein wichtiger Punkt, denn eine mittelfristig positive Korrelation erfordert zur Diversifizierung eines Portfolios sowohl Aktien als auch Anleihen. Kurzfristig stützt die jüngste Entwicklung der Renditen unsere positive Einschätzung von Staatsanleihen.

Aktienstrategie

Eingetrübte wirtschaftliche Wachstumsaussichten, erhöhte Unsicherheiten in China und der Anstieg der Staatsanleihezinsen in den USA und Europa bilden ein herausforderndes Umfeld für Aktien. Wir reagieren darauf mit einer Herunterstufung der Schwellenländer auf "Neutral", geben unsere Präferenz für den "Rest der Welt" gegenüber dem US-Aktienmarkt auf und reduzieren die Gewichtung im zyklischen Industrie- sowie zinssensitiven Nicht-Basiskonsumgütersektor.

Anleihenstrategie

Im Anleihenbereich bevorzugen wir weiterhin Staats- wie auch Unternehmensanleihen im Investment-Grade-Bereich, während wir bei Hochrisikoanleihen aufgrund der nicht nachhaltig tiefen Kreditrisikoprämie zurückhaltend bleiben. Vor dem Hintergrund der nach wie vor inversen Zinskurve, aber auch um die Kreditrisiken tief zu halten, bevorzugen wir bei Unternehmensanleihen Titel mit kurzer Laufzeit, während wir bei Staatsanleihen tendenziell längere Laufzeiten favorisieren. Dies nicht zuletzt aufgrund der deutlich gestiegenen Realverzinsung. Unsere Ausrichtung bleibt defensiv bei einem insgesamt tiefen Kreditrisiko.

Währungsstrategie

Die Bewertung deutet darauf hin, dass der US-Dollar gegenüber dem japanischen Yen mittel- bis langfristig auf niedrigeren Niveaus gehandelt werden sollte. Es gibt jedoch mehrere Faktoren, die die Performance des Yen bremsen. Die unerwartete und weit verbreitete Abschwächung der japanischen Währung hat in diesem Jahr viele überrascht. Um die Position des Yen zu stärken, wird eine Normalisierung der Geldpolitik als der wichtigste Weg angesehen, und tatsächlich hat Japans Notenbank ihre Politik in letzter Zeit angepasst. Dennoch begrenzen die "Carry"-Kosten und die beträchtlichen Renditedifferenzen im Vergleich zu den G10-Ländern das kurzfristige Aufwertungspotenzial des Yen.

Alternative Anlagen

Bereits im Hinblick auf die Strategische Vermögensallokation haben wir hervorgehoben, dass wir den aktuellen Zeitpunkt nicht für ideal erachten für grössere taktische Positionierungen. Auch bei den alternativen Anlagen ziehen wir vorübergehend eine neutrale Positionierung auf der Strategischen Allokation vor, wo wir erst im Frühjahr mit der Erhöhung der neutralen Goldquote für vermögensübergreifende Anlagen von 2% auf 4% die strategische Bedeutung von Gold erhöht haben.
 

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