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August 2023

Die globale Wachstumsschwäche wird wahrscheinlich bis weit in den Herbst hinein anhalten, die US-Wirtschaft zeigt sich aber bemerkenswert robust. Die Stabilisierung des makroökonomischen Umfelds hat uns dazu bewogen, die globale Aktienquote auf «Neutral» zu erhöhen. Auf taktischer Basis beginnen wir, Gewinne in Gold zu realisieren und stufen das gelbe Edelmetall auf «Neutral» zurück.

Datum
Autor
Thomas Wille
Lesezeit
7 Minuten

Skyline
© shutterstock

Der Sommer macht seinem Namen alle Ehre und Meteorologen vermelden Rekordtemperaturen in zahlreichen Regionen rund um den Globus. Doch die heisse Stimmung spiegelt sich kaum an den Kapitalmärkten. Der Volatilitätsindex des US-Aktienbarometers S&P 500 (VIX) ist auf den tiefsten Stand seit drei Jahren gefallen. Wie der tiefe Stand des VIX zeigt, hat sich die Stimmung der Aktienanleger zwar leicht aufgehellt, von der Euphorie der späten Neunzigerjahre sind wir aber weit entfernt.

Die kommenden Wochen werden Aufschluss über zwei zentrale Faktoren geben, die derzeit für Unsicherheit an den Finanzmärkten sorgen. Erstens: Wie weit sind die US-Notenbank (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrem jeweiligen geldpolitischen Straffungszyklus? Wir sind nach wie vor der Meinung, dass wir uns dem Ende nähern und 80% bis 90% der Zinserhöhungen bereits erfolgt sind. Zweitens: Wie haben sich die Unternehmen auf das makroökonomische Umfeld – schwaches Wachstum und erhöhter Preisdruck – eingestellt? Der Ausblick auf die kommenden Quartale wird von entscheidender Bedeutung sein und die Kapitalmärkte verteilen bereits erste Vorschusslorbeeren.

Das Thema «Künstliche Intelligenz» (KI) sorgt für Bewegung an den Märkten und wir sind vom langfristigen Potenzial der Anlagestory überzeugt. Das Kursfeuerwerk der letzten Wochen hat uns jedoch überrascht. In einigen Bereichen beobachten wir eine Euphorie und Investoren verspüren den Druck, unbedingt dabei sein zu müssen. Im Börsenjargon sprechen wir von «FOMO» (Fear Of Missing Out), das heisst, Anleger haben Angst, etwas zu verpassen. Ein regelmässiges Rebalancing der Positionen sowie ein aktives Risikomanagement sind wichtige Erfolgsfaktoren. KI dient derzeit als Paradebeispiel dafür, aber Risikomanagement ist im aktuell komplexen Marktumfeld in allen Sektoren und Industrien essentiell.

Der weitere Rückgang der Inflation und die daraus resultierende Verbesserung des Wachstums-Inflations-Mix haben uns veranlasst, unsere taktische Position in globalen Aktien auf «Neutral» zu erhöhen, nachdem wir das Untergewicht bereits im Juni reduziert hatten. Gleichzeitig haben wir Anleihen und alternative Anlagen in einem Multi-Asset-Portfolio reduziert. Trotz dieser leichten Allokationsverschiebung bleibt der Fokus für das zweite Halbjahr nahezu unverändert – Selektion bleibt wichtig.

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Makroökonomisches Umfeld

Die globale Wachstumsschwäche wird wahrscheinlich bis weit in den Herbst hinein anhalten. Trotz der Rezessionserwartungen hat die US-Wirtschaft eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit gezeigt. Allerdings verlangsamt sich das Wachstum angesichts des schwachen Verbrauchs und der schrumpfenden Investitionen weiter, und die meisten Analysten erwarten für die zweite Hälfte des Jahres 2023 ein stagnierendes Bruttoinlandprodukt (BIP). Die Stimmungsindikatoren deuten auf mehr Pessimismus hin und das Vertrauen der Industrie und der Verbraucher ist auf einem langfristigen Tiefstand. Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit einer sanften Landung gestiegen, wobei wir von einer kontrollierten Verlangsamung und einem allmählichen Nachlassen des Nachfrage- und Inflationsdrucks ausgehen.

Anlagestrategie

Nach einer ersten Erhöhung der Aktienquote im Vormonat hat uns die Stabilisierung des makroökonomischen Umfelds dazu bewogen, einen weiteren Schritt zu unternehmen und die globale Aktienquote auf «Neutral» zu erhöhen. Dies, nachdem wir in den vergangenen Monaten auf der Aktienseite das Rating der Regionen Europa und Schwellenländer sowie dasjenige der Sektoren Energie, Grundstoffe, Technologie, Nicht-Basiskonsumgüter und Basiskonsumgüter erhöht haben. Finanziert wird dieser Aufbau durch eine Reduktion der Anlageklassen Obligationen und alternative Anlagen von «Übergewichtet» auf «Neutral».

Aktienstrategie

Die laufende Berichtssaison für das zweite Quartal ist für Anleger zwar wichtig, entscheidend ist aus unserer Sicht aber der Ausblick auf das zweite Halbjahr und ein erster Blick auf 2024. Innerhalb der Aktienquote halten wir an unserer regionalen Präferenz für die Schwellenländer vor Europa und den USA fest. Unsere bevorzugten Sektoren sind Energie und Gesundheitswesen, und wir sind übergewichtet in Basiskonsumgütern und Grundstoffen. Trotz der regionalen und sektoriellen Präferenzen bleibt die Titelselektion der wichtigste Erfolgsfaktor.

Anleihenstrategie

Unsere Präferenzen im Anleihenbereich haben sich gegenüber dem Vormonat nicht verändert. Wir favorisieren weiterhin Staats- und Unternehmensanleihen mit Anlagequalität (Investment Grade), während wir unsere Zurückhaltung gegenüber Hochzinsanleihen beibehalten. Aufgrund der nach wie vor stark invertierten Zinskurve erachten wir die Renditen am kurzen Ende als attraktiv. Um gleichzeitig die Kreditrisiken niedrig zu halten, präferieren wir kurz laufende Unternehmensanleihen, während wir bei den Staatspapieren tendenziell längere Laufzeiten bevorzugen. Insgesamt streben wir eine gegenüber dem Benchmark leicht überdurchschnittliche Laufzeit an. Dies, um in einem sich abschwächenden konjunkturellen Umfeld keine zusätzlichen Kreditrisiken aufzubauen.

Währungsstrategie

Wir gehen davon aus, dass sich der Schweizer Franken gegenüber dem US-Dollar in naher Zukunft in einer stabilen Spanne bewegen oder sogar leicht aufwerten wird, was durch verschiedene Faktoren unterstützt wird. Der geldpolitische Ansatz der Schweizerischen Nationalbank (SNB) in den vergangenen Monaten sowie die robusten Fundamentaldaten der Schweiz tragen zum positiven Ausblick bei. Zudem deutet die technische Analyse auf ein günstiges Preismomentum hin. Was die Positionierung anbelangt, so könnte die Verschiebung zugunsten des Schweizer Frankens gegenüber dem US-Dollar und damit die Auflösung von Short-Positionen von Vermögensverwaltern das Aufwärtspotenzial der Schweizer Währung im weiteren Jahresverlauf verstärken. Insgesamt deuten diese Faktoren auf eine seitwärts gerichtete bis leicht stärkere Entwicklung des Schweizer Frankens hin.

Alternative Anlagen

Auf taktischer Basis beginnen wir, Gewinne in Gold zu realisieren und stufen das gelbe Edelmetall auf «Neutral» zurück. Mit dieser taktischen Anpassung werden alternative Anlagen von «Übergewicht» auf «Neutral» reduziert. Unsere mittel- bis langfristige Einschätzung für Gold bleibt hingegen äusserst positiv. Dies zeigt sich auch in unserer strategischen Vermögensallokation für ein Multi-Asset-Portfolio, in dem die Goldquote im Frühjahr von 2% auf 4% verdoppelt wurde.
 

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