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Zentralbanken sind noch nicht am Ziel

Jegliche Zinssenkungsfantasien scheinen verpufft und Anleger haben wieder einen realistischeren Blick auf den Zinspfad des Fed. Innerhalb der Aktienquote empfehlen wir eine defensive Positionierung und präferieren den «Rest der Welt» gegenüber den USA. Nach der Korrektur erhöhen wir im Portfolio Gold von «Neutral» auf «Übergewichten» zu Lasten der Liquiditätsquote. 

Datum
HouseView März

Die Zentralbanken der westlichen Welt bleiben auch in den kommenden Wochen der dominante Faktor an den Kapitalmärkten, allen voran natürlich die US-Notenbank (Fed). Dabei spielen nicht nur die effektiv umgesetzten Zinserhöhungen – letztmals hob das Fed den Leitzins im Februar um 25 Basispunkte auf das aktuelle Zielband von 4.5% bis 4.75% an – sondern auch die offene Kommunikation der Mitglieder des Offenmarktausschusses (FOMC) eine Rolle. Selbstverständlich hat das Wort des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell das grösste Gewicht. Von den Finanzmedien wird aber jede Aussage einzelner Gouverneure auf die Goldwaage gelegt und akribisch seziert. 

Aus unserer Sicht hat sich an der Ausgangslage für das Fed in den letzten Wochen kaum verändert. Der Hauptfokus bleibt die Bekämpfung der Inflation und somit die Wiederherstellung der Preisstabilität um jeden Preis, also auch, wenn dieser Kampf eine Rezession zur Folge hat. In diesem Sinne ist die amerikanische Zentralbank noch nicht am Ziel. Die immer wieder aufkeimenden Hoffnungen auf baldige Zinslockerungen, respektive einen sogenannten «Pivot», scheinen zum heutigen Zeitpunkt verfrüht. Aktuell erwarteten Investoren nun sogar einen zusätzlichen Zinsschritt, was den Leitzins des Fed auf eine «Terminal Rate» von 5.25-5.5% erhöhen würde. Diese minimale Veränderung in der Erwartungshaltung erachten wir aber als nicht wirklich signifikant. Viel wichtiger ist es unserer Ansicht nach, dass jegliche Zinssenkungsfantasien für dieses Jahr verpufft sind und Anleger einen realistischeren Blick in Bezug auf den zukünftigen geldpolitischen Pfad der US-Notenbank haben. 

Wochen der Wahrheit 

Seit Oktober 2022 konnten wir eine solide Erholung an den Aktienmärkten beobachten. Auffällig ist hierbei vor allem, dass US-Titel fast 10% hinter Aktien aus Schwellenländern oder Europa zurückliegen. Der «Rest der Welt» konnte aufgrund der günstigeren Bewertung und dem geringeren Anteil an Technologieaktien die USA in den letzten Monaten abhängen. Nun stehen wir aber vor Wochen der Wahrheit. Dabei wird sich zeigen, ob der Kurs an den Börsen in den letzten Monaten nur eine weitere Bärenmarktrally gewesen ist oder ob wir uns in einem neuen Seitwärtstrend befinden. Für ersteres spricht die Bewertung – vor allem bei US-Aktien – und die weiterhin restriktive Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken. Für zweiteres spricht, dass sich die Marktbreite verbessert hat und sich diverse Aktienindizes über dem wichtigen 200-Tagedurchschnitt befinden. Als Investor hat man die Möglichkeit abzuwarten, da es im heutigen Marktumfeld durchaus attraktive Alternativen wie kurzfristige Anleihen gibt. Mit der ausgelaufenen Saisonalität sowie dem permanenten Gegenwind der Geldpolitik erwarten wir in den kommenden Wochen ein eher schwieriges Marktumfeld.

Anlagestrategie

Im beschriebenen Umfeld halten wir an unserer kurzfristigen Präferenz von Obligationen gegenüber Aktien fest. Insbesondere die Aktienrisikoprämie in den USA ist zu wenig attraktiv, um breit Positionen aufzubauen. Die Gewinnrendite des S&P 500 befindet sich nur knapp über der Rendite von zweijährigen US-Staatsanleihen und zeigt unserer Meinung nach eindrücklich auf, dass derzeit kein Druck in Bezug auf den Aufbau von Risiken im Portfolio besteht. Vermögensübergreifend bleiben Anleihen weiterhin auf «Übergewichten» und Aktien auf «Untergewichten». Nach der Korrektur erhöhen wir im Portfolio Gold von «Neutral» auf «Übergewichten», und dies zu Lasten der Liquiditätsquote, die wir von «Übergewichten» auf «Neutral» reduzieren. 

Aktienstrategie

In den USA ist es zwar noch nicht zu einer Gewinnrezession gekommen, jedoch bleiben die Gewinnrevisionen negativ. Der anhaltend hohe Inflationsdruck dürfte auch für das erste und zweite Quartal 2023 eine Herausforderung für die Margen der Unternehmen darstellen. Innerhalb der Aktienquote empfehlen wir weiterhin eine defensive Positionierung und haben eine Präferenz für den «Rest der Welt» gegenüber den USA. Auf Sektorenebene bevorzugen wir Finanzwerte und den Pharmabereich. In Bezug auf Technologieaktien und dem zyklischen Konsumgütersektor bleiben wir vorsichtig positioniert. 

Fixed-Income-Strategie

Wir gehen von weiteren Zinsschritten des Fed sowie der Europäischen Zentralbank (EZB) aus. Deshalb erachten wir es als zu früh, um die Duration in den Portfolios zu erhöhen, bzw. zu verlängern. Wir schätzen das kurzfristige Anleihen-Segment als attraktiv ein, sowohl bei Staatsanleihen wie Unternehmensobligationen. Im Kreditbereich haben wir eine klare Präferenz für «Investment Grade» gegenüber «High Yield». 

Alternative Investments 

Wie bereits erwähnt, haben wir unsere Einschätzung für Gold von «Neutral» auf «Übergewichten» erhöht, da wir keinen weiteren Anstieg der Realzinsen in den USA erwarten. Innerhalb von alternativen Anlagen haben wir zudem eine Präferenz für «Hedgefonds» gegenüber versicherungsbasierten Anleihen (ILS), «REITs» und «Listed Private Equity».

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