The Strategist

Zwischenbilanz

Diese Woche startet in den USA die Gewinnsaison für das zweite Quartal. Die Zwischenbilanzen werden zeigen, wie sich die Unternehmen im derzeit schwierigen Marktumfeld schlagen. Wir erwarten einen Anstieg der Volatilität. 

Datum
Autor
Thomas Wille
Lesezeit
10 Minuten

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Die Berichtssaison für das zweite Quartal startet diese Woche und wie immer machen die grossen US-Banken den Auftakt. Wie sinnvoll diese Zwischenbilanzen der Unternehmen sind und ob sie Anlegern langfristig etwas bringen, ist fast schon eine Glaubensfrage. Die Befürworter verweisen auf die höhere Transparenz, doch die hat auch ihren Preis. Dieser besteht darin, dass das Management tendenziell weniger unternehmerisch denkt, weil es die Erwartungen der Analysten kurzfristig nicht enttäuschen will. Dennoch sind aus unserer Erfahrung diese zwei bis drei Wochen ein guter Indikator dafür, in welche Richtung sich der Gesamtmarkt sowie einzelne Sektoren bewegen könnten.

Der Ausgangspunkt

Unsere Analyse basiert auf dem US-Aktienindex S&P 500, aber auch andere gängige Indizes wie der Stoxx 600 oder der MSCI World können herangezogen werden. Die Wall-Street-Konzerne und damit indirekt auch die Analysten sind dafür bekannt, dass sie die Erwartungen im Vorfeld einer Berichtsperiode so weit senken, dass die niedrigen Vorgaben geschlagen werden können. Für die bevorstehende Berichtsperiode wurden die Erwartungen kaum gesenkt, vor allem, wenn man das zweite Quartal 2023 mit dem langjährigen Durchschnitt vergleicht. Dies ist aus unserer Sicht ein klares Indiz dafür, dass die befürchtete Gewinnrezession zumindest im ersten Halbjahr 2023 nicht eingetreten ist. Die Schätzungen wurden zwar nach unten revidiert, sind aber nicht eingebrochen, wie es im Zuge der Covid-19-Pandemie oder der grossen Finanzkrise vor 15 Jahren der Fall war.

Kursreaktion und Ausblick

Ab Ende Juli wird es spannend, denn dann legen die US-Börsenschwergewichte Apple, Alphabet, Amazon und Microsoft ihre Bilanzen vor. Für die Big-Tech-Konzerne ist es nach den starken Kursavancen im ersten Halbjahr Zeit, zu liefern. Entscheidend wird erneut die Kursreaktion auf den Zahlenkranz sein. Dabei ist es durchaus möglich, dass, selbst wenn ein Unternehmen die Erwartungen erfüllt, die Kurse dennoch schwächer notieren, da Marktteilnehmer eine Übererfüllung erwarten. Ebenso wichtig ist der Ausblick für den Rest des Jahres, der ebenfalls einen erheblichen Einfluss auf die unmittelbare Kursentwicklung haben kann. Es wird sich zeigen, welche Unternehmen im aktuell schwierigen makroökonomischen Umfeld mit schwachem Wachstum und anhaltendem Preisdruck ihre Umsätze und Margen halten können und welche Geschäftsmodelle sich erfolgreich an die neuen Gegebenheiten anpassen können.

Steigende Volatilität

Die aktuelle Marktvolatilität auf Indexebene ist aus unserer Sicht für die Herausforderungen - Konjunkturumfeld und restriktive Geldpolitik - zu niedrig. In den kommenden Wochen erwarten wir aufgrund der Berichtssaison einen Anstieg der Volatilität. Langfristige Investoren sollten im Vorfeld der anstehenden Gewinnsaison neben einem Risikocheck der einzelnen Positionen auch ein «Rebalancing» stark gestiegener Aktien vornehmen.

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