LGT Private Banking House View

November 2023

Wenn wir uns einem Wendepunkt nähern, sowohl was das Wirtschaftswachstum als auch die Geldpolitik betrifft, erreicht die Unsicherheit jeweils ihren Höhepunkt. Zu diesem ohnehin schon unsicheren Umfeld kommt nun auch noch die Geopolitik hinzu, was die schwierige Kombination aus hohen Anleihenrenditen und dem sich verlangsamenden Wirtschaftswachstum noch verstärkt. Höhere Renditen sind nach wie vor die wichtigste Gravitationskraft für die Aktienmärkte, und die aktuellen Renditeniveaus haben sich in der Vergangenheit als Herausforderung für die Performance der Aktienmärkte erwiesen. Auf der anderen Seite bieten die aktuellen Renditeniveaus auch Chancen bei Staatsanleihen. 

Datum
Autor
Gérald Moser, CIO & Head Investment Services Europe
Lesezeit
7 Minuten
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Höhere Renditen haben auch Auswirkungen auf die Wirtschaft. Wie von einigen stimmberechtigten Mitgliedern der US-Notenbank erwähnt, haben sie zu einer deutlichen Verschärfung der finanziellen Bedingungen geführt. Dies wirkt sich unter anderem auf den Motor des globalen Wachstums aus, nämlich den US-Konsumenten. In unserer Makro-Analyse werfen wir einen genaueren Blick auf den Zustand des Konsums in den USA. Wie bereits erwähnt, sind die Renditen nach wie vor der wichtigste Treiber für Aktien. Dies spiegelt sich in den Bewertungsmultiplikatoren wider, die bei derart hohen Renditen unter Druck geraten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es an den Aktienbörsen keine Chancen gibt. Nach der Korrektur sehen wir ein begrenztes Abwärtspotenzial und beleuchten Segmente am Aktienmarkt, die sich für eine strategische Absicherung anbieten könnten. Goldminenaktien bieten unserer Ansicht nach eine Opportunität.

Apropos Gold: In unserer Währungsstrategie gehen wir auch noch einmal auf die Anlagemöglichkeiten für das Edelmetall ein. Gold ist ein nicht renditeträchtiger Vermögenswert und leidet daher tendenziell, wenn die realen Renditen ansteigen. Die letzten Wochen haben jedoch einmal mehr gezeigt, wie wichtig die Geopolitik für die Dynamik des Goldpreises ist. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Faktoren, die bei der Bewertung des Goldpreises zu berücksichtigen sind.

Schliesslich diskutieren wir im Rahmen unserer Anleihenstrategie den relativen Wert von Credit Spreads. Bislang hatten wir in unserem Multi-Asset-Portfolio eine relative Präferenz für Investment-Grade-Kredite, während wir bei Hochzinsanleihen sehr vorsichtig waren. Obwohl wir bei Investment-Grade-Anleihen keinen Grund zur Panik sehen, sind wir der Meinung, dass das Risiko-Ertrags-Verhältnis ausgewogener ist als noch vor ein paar Monaten und setzen unsere Allokation auf "Neutral".

Makroökonomisches Umfeld

Die Weltwirtschaft schwächelt weiterhin, und setzt damit ihre merkliche Abkühlung seit der Jahresmitte fort. Immerhin erwies sich der Privatkonsum in den USA zuletzt als erfreulich robust, und die Regionen Asien und Europa erholten sich etwas von der desaströsen Wachstumsdynamik seit dem Frühsommer. Der Gegenwind der restriktiven Geldpolitik in entwickelten Volkswirtschaften wirkt weiterhin wie ein Bremsklotz auf quasi alle Bereiche ökonomischer Aktivität. Vor diesem Hintergrund erwarten wir im Schlussquartal dieses Jahres und im ersten Quartal 2024 nur sehr magere Wachstumsraten.

Anlagestrategie

Die Entwicklung der Renditen beeinflusst weiterhin die Performance risikobehafteter Anlagen. Die Korrelation zwischen steigenden Renditen und Aktien ist nach wie vor stark negativ. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass die Renditen noch wesentlich weiter steigen werden. Sie haben bereits zu einer deutlichen Verschärfung der finanziellen Bedingungen beigetragen. Angesichts der sich abschwächenden Konjunktur ziehen wir es vor, sichere Renditen mit Barmitteln zu erzielen, und reduzieren unsere Position in Investment-Grade-Anleihen von "Übergewichten" auf "Neutral". Uns gefällt auch das asymetrische Renditeprofil, das Staatsanleihen allmählich bieten.

Aktienstrategie

In den vergangenen drei Monaten kamen die Aktienmärkte unter Druck. Hierbei erachten wir den jüngsten Anstieg der Staatsanleihenzinsen als die wichtigste Gravitationskraft, welche eine Bewertungskorrektur im Weltaktienindex um nahezu 10% ausgelöst hat. Während sich das Rendite/Risikopotenzial infolge der Bewertungskontraktion marginal verbessert hat, halten wir an einer neutralen Einschätzung für Aktien mit einer defensiven Sektorenausrichtung fest. Für risikotolerante Anlegerinnen und Anleger erachten wir Goldminenaktien als eine ansprechende Beimischung zur Absicherung gegen geopolitische und konjunkturelle Risiken.

Anleihenstrategie

Aufgrund des fortschreitenden Konjunkturzyklus in Kombination mit einer nachlassenden positiven Dynamik bei den Verschuldungskennziffern ist die Wahrscheinlichkeit einer Ausweitung der Credit Spreads unseres Erachtens gestiegen. Aus diesem Grund reduzieren wir unsere Positionen in Benchmarknahen Investment-Grade-Anleihen und stufen das Segment insgesamt auf "Neutral" herab. Innerhalb dieses Bereichs bevorzugen wir jedoch weiterhin Anleihen mit kürzerer Laufzeit, da sie im Allgemeinen ein geringeres Kreditrisiko aufweisen. Weiterhin "Übergewichtet" bleiben wir im Bereich der Staatsanleihen, wo wir eine leicht über dem Benchmark liegende Duration favorisieren.

Währungsstrategie und Alternative Anlagen

Bei unserer Einschätzung von Gold berücksichtigen wir Faktoren wie Bewertung, ökonomische Indikatoren und technische Aspekte. Es ist jedoch unserer Ansicht nach von grösster Bedeutung, auch die Geopolitik in diese Analyse einzubeziehen. In letzter Zeit hat Gold signifikant an Wert gewonnen, insbesondere als Reaktion auf den Angriff der Hamas auf Israel und obwohl die US-Zinsen gestiegen sind. Dies unterstreicht die Rolle von Gold als "sicherer Hafen". Darüber hinaus deutet die historische Korrelation zwischen Goldpreis und S&P 500-Index darauf hin, dass wirtschaftliche Abschwünge zu einem steigenden Goldpreis führen könnte.

 

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