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Market View & Insights
Vergessen Sie die Tofu-Klischees - das vegetarische Angebot in Hongkong reicht heute von schicken Cafés im Central District bis hin zu Speisen in historischen Tempeln.
Vor nicht allzu langer Zeit beschränkte sich die vegetarische Food-Szene in Hongkong auf buddhistisch geführte Garküchen, winzige Restaurants, die als Fleisch getarnte Ersatzgerichte servierten, oder als "stinky tofu" verunglimpftes Street Food. Doch die Stadt hat seit einiger Zeit begonnen, sich auf eine nachhaltigere Ernährung einzulassen. Das Angebot reicht von beliebten Strassenlokalen bis hin zu Gourmetrestaurants mit drei Michelin-Sternen.
Entdecken Sie hier einige vegetarische Hotspots Hongkongs.
Das erste Restaurant, das von Michelin für seine Leistungen im Bereich Nachhaltigkeit ausgezeichnet wurde, ist das Roganic, das 2021 einen Green Star erhielt. Es wurde vor sechs Jahren vom britischen Sterne-Koch Simon Rogan eröffnet und zog kürzlich in den vierten Stock eines Luxus-Einkaufszentrums in der Causeway Bay um, wobei für die Gestaltung des Restaurants Holz von Bäumen verwendet wurde, die von Taifunen entwurzelt wurden.
Auf dem Dach gibt es einen eigenen Kräutergarten und im Keller einen Lebensmittelkompost - eine Seltenheit in Hongkong, wo die Lebensmittelverschwendung extrem hoch ist. Küchenchef Adam Catterall kauft Ringelblumen, Feigen, Hibiskus und Passionsfrüchte von einer Handvoll lokaler Lieferanten, darunter einem, der passenderweise Zen Organic Farm heisst. "Wir haben zu vielen Erzeugern enge Beziehungen und Freundschaften. Dass es durchweg kleine Unternehmen sind, kann aber auch zum Problem werden, weil die Erntezyklen recht kurz sind", sagt er.
Das Roganic bietet eine komplett vegetarische Speisekarte mit Gerichten wie Tomaten in Perilla und Kohle auf fermentierten Pistazien sowie in Kombu gebackene Kohlrabi, Algenmarmelade und Apfel-Ringelblumen-Säfte. Auf die Frage, welcher seiner Michelin-Sterne ihm wichtiger sei, antwortete Catterall: "Das ist wie die Frage, wer Ihr Lieblingskind ist".
Wer es etwas moderner mag, sollte den vegetarischen Brunch im Duddell's probieren. Besonders beliebt ist der Ort bei Kunstschaffenden; während der Art Basel Hongkong brauchen Sie gar nicht erst versuchen, einen Tisch zu reservieren.
Die Wände aus Travertin, die polierten Betonböden und die gedämpften Farbtöne (von der Londoner Designerin Ilse Crawford) sind der perfekte Rahmen für die wechselnden Ausstellungen, die von zeitgenössischer afrikanischer Kunst bis hin zu chinesischer Tuschmalerei aus der renommierten Sammlung M.K. Lau reichen, die dem Vater eines der Gründer des Duddell's gehört.
Für Kelvin Yang, Geschäftsführer der Galerie du Monde, ist es der ideale Ort, um Kundinnen und Kunden zu beköstigen. "Ob sie nun vegetarische, glutenfreie oder traditionelle kantonesische Dim Sum wollen, Duddell's erfüllt alle Wünsche", sagt er.
Im mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten Amber im Mandarin Oriental Landmark Hotel kocht der niederländische Küchenchef Richard Ekkebus seit 2019 ohne Milchprodukte - ein mutiger Schritt für ein Restaurant, das für seine französische Küche bekannt ist. "Siebzig Prozent der Asiatinnen und Asiaten sind laktoseintolerant, und wir wollten unser Essen leichter machen", erklärt Ekkebus.
Ekkebus ist bestrebt, zwischen tierischem Eiweiss und pflanzlichen Zutaten ein Verhältnis von 35 zu 65 % beizubehalten. Dabei konzentriert er sich auch darauf," unseren CO2-Fussabdruck zu minimieren", und erwähnt, dass für ihn eine "ethische Produktion obligatorisch ist".
Das Amber bietet komplette vegetarische und vegane Menüs an, darunter das Markenzeichen: Sojamilch-Burrata mit japanischen Heirloom-Tomaten, Fukuoka-Erdbeeren, Olivenölkaviar und eingelegter Rose. Ekkebus' Bemühungen haben sich gelohnt. Das Amber wurde vor Kurzem mit einem Green Star für Nachhaltigkeit ausgezeichnet - als eines von nur vier Restaurants in Hongkong.
Ein weiterer beliebter Ort in Tai Kwun ist die Chinese Library, die ebenfalls sowohl Fleisch- als auch vegetarische Gerichte anbietet.
Treehouse ist ein vegetarisches Restaurant, das besonders bei gesundheitsbewussten Einheimischen beliebt ist. In einer schmalen Gasse direkt neben der berühmten Rolltreppe in Hong Kong Central stehen durchtrainierte Hedgefonds-Broker in der Schlange neben Anwältinnen mit Yogamatten unterm Arm. Die Kundschaft des Treehouse wirkt so gesund wie nirgendwo sonst in der Stadt.
Die Speisekarte bietet eine schwindelerregende Fülle an Zutaten, mit denen man sich Bowls oder Wraps zusammenstellt: Tempeh oder Tofu, Quinoa oder Grünkohl, Auberginenkaviar oder Hummus aus gerösteten Kichererbsen mit Knoblauch. Zum Glück ist die Wahl des Desserts ein Kinderspiel: der Double Chocolate Walnut Brownie oder die Erdnussbutter-Bombe.
Ganz in der Nähe, in der belebten Hollywood Road, liegt das Yuan, das sich als eines der wenigen ausschliesslich vegetarischen Restaurants der Stadt bezeichnet. Das Essen ist raffiniert, delikat und wird wunderschön präsentiert. Ich habe mir das fünfgängige Mittagessen bestellt (es gibt auch acht- und zwölfgängige Degustationsmenüs), das mit drei aufwändigen Amuse-Bouches vor dem ersten Gang begann.
Es folgten ein Entrée aus japanischer Kumquat-Zitrone und weissen "Jade Wood Ear"- und "Cloude Ear"-Pilzen, eine Matsutake-Pilzbrühe mit zart geschnittenem Tofu, der wie eine schwimmende Chrysantheme aussehen sollte, obwohl er meiner Meinung nach eher einer Qualle ähnelte. Als Hauptgericht wählte ich gegrillte Champignons mit Cheddar-Käse, Jicama, Morcheln und Austernpilzen. Nach zwei Bissen bedauerte ich meine Wahl, denn die schwere Kombination lag mir bereits wie ein Stein im Magen. Offenbar habe es der Küchenchef auf die Speisekarte gesetzt, weil viele Gäste nach einem gehaltvolleren Gericht fragten, erklärte die Kellnerin.
Auf der anderen Strassenseite befindet sich das Tai Kwun, ein ehemaliger Polizei- und Gefängniskomplex aus den 1880er Jahren, der von den Schweizer Architekten Herzog & de Meuron in einen Raum für Galerien, Museen und mehrere Restaurants mit vegetarischer Küche umgewandelt wurde.
Eines meiner Lieblingsrestaurants, das ich zu jeder Tageszeit empfehlen kann, ist das LokCha, ein traditionelles chinesisches Teehaus, das einfache, aber ausgezeichnete vegetarische Dim Sum anbietet.
Um dem Trubel der Stadt zu entfliehen, empfiehlt sich ein Ausflug zum Nan Lian Garden, einer ruhigen Oase, etwa 35 U-Bahn-Minuten vom Hauptbahnhof entfernt. Er ist berühmt für seine Tempel im Stil der Tang-Dynastie und seine klassischen chinesischen Gärten und beherbergt auch die Chi Lin Nunnery, die ein neben einem Forellenteich mit Wasserfall stehendes vegetarisches Restaurant und ein Teehaus betreibt.
Trotz dieser vielfältigen Restaurants hinkt Hongkong bezüglich vegetarischer Ernährung um mindestens ein Jahrzehnt hinter London oder New York her. Die Stadt habe den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Fleisch (vor allem Schweinefleisch) der Welt, noch vor den USA, Australien und Argentinien, war 2024 in der Newsweek zu lesen.
Die lokale Mentalität ändere sich nur langsam, "weil man allgemein glaubt, dass vegetarische Gerichte minderwertig sind", sagt Shane Osborn. Der australische Küchenchef des mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurants Arcane hat vor Kurzem ein vollständig pflanzliches Menü eingeführt. "Vegetarisches Essen ist mit einem Stigma behaftet", meint er. Als er seinem Souschef vor Ort vorschlug, seine Ehefrau, ebenfalls eine kantonesische Köchin, zu einem Essen in das Moxie, das pflanzliche Schwesterrestaurant des Arcane, einzuladen, antwortete dieser: "Meine Frau mag kein gesundes Essen."
Das Moxie hat inzwischen geschlossen.