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September 2025 - das Wichtigste in Kürze

In den letzten Wochen haben die globalen Märkte unsere Fähigkeit, uns anzupassen und wachsam zu bleiben, erneut auf die Probe gestellt. Während der anfängliche Schock über neue Zölle und erhöhte politische Unsicherheit abzuklingen scheint, sind neue Herausforderungen aufgetaucht - der Inflationsdruck ist wieder zu spüren, und die wirtschaftliche Dynamik in den Vereinigten Staaten beginnt sich abzuschwächen. Angesichts der Abkühlung des US-Arbeitsmarktes und den wieder in den Fokus gerückten langfristigen Zinsen bleibt die Volatilität greifbar, was die Komplexität der Portfolioentscheidungen noch komplexer macht.

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  • Autor Gérald Moser, Head Investment Solutions Europe, LGT Private Banking
  • Lesezeit 7 Minuten

Berglandschaft mit Nebel
© Shutterstock

Europa ist geprägt von Widerstandsfähigkeit vor dem Hintergrund eines sich wandelnden Umfelds. Die exportabhängigen Länder stehen nach wie vor unter dem Druck der schwächeren Auslandsnachfrage, aber der Binnenkonsum und gezielte fiskalische Massnahmen bieten einen willkommenen Puffer. Da sich die Geldpolitik weiterentwickelt und die Erwartungen an Zinssenkungen näher rücken, hängen die wirtschaftlichen Aussichten mehr denn je von Flexibilität und der laufenden Interpretation der Daten ab.

Die Aktienmärkte haben dank robuster Gewinne und nachlassender Unsicherheit durch frühere Zollstreitigkeiten immer noch Rückenwind. Angesichts der hohen Bewertungen und Anzeichen einer nachlassenden Dynamik könnte der September jedoch durchaus eine Konsolidierung mit sich bringen. Dementsprechend wägen wir in unseren Anlageentscheiden Chancen mit Vorsicht ab: Wir halten das Portfoliorisiko auf einem neutralen Niveau, während wir unsere festverzinslichen Allokationen verfeinern, unser Engagement in Schwellenländeranleihen erhöhen und den Schwerpunkt weiter auf alternative Anlagen wie Gold oder Silber legen, die weiterhin Diversifizierung und Widerstandsfähigkeit bieten.

Wie immer werden die kommenden Wochen Geduld und Objektivität erfordern. Unabhängig davon, ob durch politische Schlagzeilen, Inflationsüberraschungen oder Veränderungen in der Geldpolitik ausgelöst, Volatilitätsphasen werden mit Sicherheit anhalten. Mehr denn je sind klare Analysen und Disziplin die Grundlage für eine solide Entscheidungsfindung.

Makroökonomisches Umfeld

Das Wirtschaftswachstum in den USA verlangsamt sich angesichts handelspolitischer Unsicherheiten, während der Inflationsdruck wieder zunimmt und der Arbeitsmarkt sich abkühlt. Exportorientierte Wirtschaften leiden zwar unter einer nachlassenden Exportnachfrage, profitieren jedoch von einer Erholung der Binnennachfrage sowie fiskalischen Stimuli. Die unsichere weltwirtschaftliche Entwicklung lässt sich allein durch enge Beobachtung der laufenden makroökonomischen Daten navigieren, und erfordert erhebliche Prognoseflexibilität.

Anlagestrategie

Angesichts der günstigen Marktdynamik und der starken Fundamentaldaten der Unternehmen haben wir beschlossen, das Portfoliorisiko nicht zu reduzieren, verzichten aber aufgrund der sich verschlechternden Wirtschaftstätigkeit und der hohen Bewertungen darauf, das Risiko zu erhöhen. Infolgedessen behalten wir eine neutrale Risikohaltung bei und belassen die strategische "neutrale" Allokation in Aktien und festverzinslichen Wertpapieren unverändert. Alternative Anlagen bleiben aufgrund des "Übergewichts" von Gold übergewichtet, und Barmittel weiterhin "Untergewichtet". Bei den festverzinslichen Wertpapieren haben wir Investment-Grade-Unternehmensanleihen auf "Untergewichten" herabgestuft, während Hartwährungsanleihen aus Schwellenländern nun "Übergewichtet" sind.

Aktienstrategie

Die Börsen haben sich in den letzten Wochen positiv entwickelt, gestützt durch eine starke Gewinndynamik, erwartete Zinssenkungen und eine nachlassende Unsicherheit in der Zollpolitik. Angesichts der erwarteten Abschwächung der Wirtschaftstätigkeit und der hohen Bewertungen erscheint uns eine Konsolidierungsphase aber wahrscheinlich. Der September war in den letzten zehn Jahren historisch gesehen der schwächste Monat des Jahres. Wir bleiben positiv gestimmt in Bezug auf Schwellenländer, da sie von Zinssenkungen und einem stärkeren US-Dollar profitieren dürften. Andererseits bleiben wir am japanischen Aktienmarkt aufgrund einer Abschwächung der Weltwirtschaft und einer strafferen Geldpolitik vorsichtig. Auf Sektorebene bleiben Finanz- und Immobilienwerte "Attraktiv", während die Konsumsektoren aufgrund der schwachen Nachfrage und der Tarifrisiken "Unattraktiv" bleiben. Insgesamt balanciert unsere Allokation Zyklizität und Defensivität aus.

Anleihenstrategie

Das Risiko eines erneuten Anstiegs langfristiger US-Zinsen nimmt zu. Zwar signalisierte Fed-Chef Powell ein Ende der langen Zinspause, doch das Zusammenspiel aus politischem Druck, steigender Staatsverschuldung und schwindender Marktliquidität erschwert die Kontrolle über das lange Ende der Kurve. Investorinnen und Investoren dürften daher höhere Risikoprämien für langfristige US-Staatsanleihen verlangen, was zu einem strukturell steileren Kurvenverlauf führen könnte. Vor diesem Hintergrund stufen wir die US-Dollar-Duration von "Neutral" auf "Unattraktiv" herab. Parallel haben sich die Kreditrisikoprämien seit April verengt. Während IG-Anleihen angesichts enger Spreads nur noch geringe Mehrrenditen gegenüber Staatsanleihen bieten, überzeugen EM-Hartwährungsanleihen durch einen höheren laufenden Ertrag, verbesserte Fundamentaldaten und strukturelle Vorteile wie einen schwächeren US-Dollar und geldpolitischen Spielraum. Im direkten Vergleich sehen wir daher ein attraktiveres Risiko-Ertrags-Profil bei EM HC und stufen diese auf "Attraktiv" hoch, während IG Credit auf "Unattraktiv" herabgesetzt wird.

Währungsstrategie

Wir gehen davon aus, dass sich EUR/USD stabilisiert (Sechsmonatsziel 1.17) und in den nächsten zwölf Monaten in Richtung 1.20 tendiert, unterstützt durch eine Kombination aus Fed-Zinssenkungen, einer vorsichtigen Haltung der EZB und verbesserten Fundamentaldaten im Euroraum. USD/CHF sehen wir relativ stabil um 0.79-0.80, wobei der Status des Frankens als sicherer Hafen ein schwächeres Wachstum und eine gedämpfte Inflation ausgleicht. Die Risiken plötzlicher Marktverschiebungen unterstreichen, wie wichtig ein ausgewogener und flexibler Ansatz ist.

Edelmetalle

Gold bleibt ein robuster Portfoliodiversifikator, der durch eine Rekordnachfrage, eine starke technische Dynamik und verstärkte Zentralbankkäufe unterstützt wird. Dies führt zu einer optimistischen Preisprognose von USD 3600-3700 für 2026. Die Investitionsnachfrage ist gestiegen, da sich die Nachfrage nach Schmuck abschwächt, wobei die erwarteten Zinssenkungen in den USA die Attraktivität von Gold weiter steigern. Unterdessen profitiert Silber von einer steigenden Industrienachfrage, insbesondere im Bereich Solarenergie, und einem strukturellen Angebotsdefizit. Wir prognostizieren, dass der Silberpreis innerhalb eines Jahres auf USD 41-44 pro Unze steigen wird.