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Lifestyle

Sprechen Sie Management? Fachjargon ausser Kontrolle

Von USPs über Townhalls bis zum Pitchen: Management-Sprache ist unlängst zum Statussymbol geworden. Sind die komplexen Begriffe wirklich nötig - oder ist es Zeit für einen Drilldown?

Datum
Autor
Peter Firth, Gastautor
Lesezeit
12 Minuten

Crowded business meeting

Einige Kommunikationsspezialisten betonen immer wieder: Es sind unsere Gesten, die am meisten Bedeutung vermitteln. Aber meistens ist es besser, auch Worte zu benutzen. Wenn Sie schliesslich die Verkaufsstrategie für das nächste Jahr nur mit Handzeichen und Mimik umreissen, könnte Ihre Karriere plötzlich ins Stocken geraten.

Das Problem mit Worten ist jedoch, dass es im Geschäftsleben immer mehr sinnlose Ausdrücke gibt. Der Managementjargon reicht von abgedroschenen Wörtern und Anglizismen ("wir pitchen das morgen vor dem Management", "lass uns mal syncen", "wir brauchen einen Workaround", "das Townhall ist um zehn",) über Akronyme ("was ist unser USP?", "Wir haben fünf RFPs eingeholt") bis hin zu Euphemismen ("ich gebe das mal nach oben weiter").

Fachsprache oder Geschwätz?

Auch wenn es viele verärgert, wenn Kollegen oder Kundinnen auf solche Ausdrücke zurückgreifen, können diese durchaus ihre Berechtigung haben. Wenn ohne Jargon der Inhalt nicht vermittelt werden kann, hat er aber einen anderen Namen: Fachsprache. Peter Sandbach ist PR-Berater, der sich seine Zähne in den grossen Unternehmen des Gesundheitswesens und der Agrochemie ausgebissen hat. Jetzt leitet er seine eigene Agentur, Free Range Communications.

Peter Sandbach
Peter Sandbach: "Die Leute tun so, als wüssten sie, was die anderen meinen - aber sie wissen es nicht."

Sandbach unterscheidet zwischen technischen Informationen und Fachjargon: "Fachsprache wird von Experten oder einer bestimmten Wissensgruppe als Abkürzung verwendet", sagt er. "In Bereichen wie Wissenschaft, Technik, Pharmazie oder Finanzen verwenden die Leute sektorspezifische Begriffe, um die Dinge zu spezifizieren und zu beschleunigen."

Problematisch wird es, wenn eine solche Sprache verwendet wird, um einen Mangel an Kompetenz zu verschleiern. Dies ist laut Sandbach der Fall, wenn Fachbegriffe zum geläufigen Jargon werden. "Das kann sich in einer Organisation ausbreiten und die Menschen isolieren", sagt er. "Die Leute tun so, als wüssten sie, was die anderen meinen - aber sie wissen es nicht. Und schlimmer noch: Sie fangen an, die Begriffe selbst zu verwenden."

Führungskräfte, die sich gegenseitig Unsinn in einer Kakophonie von bedeutungslosem Geschwätz nachplappern: Dieses Szenario klingt wie ein postmoderner Albtraum. Auch Investoren können darunter leiden.

Verlangsamung der Jargon-Mühle

Die wirtschaftlichen Kosten des Firmen-Kauderwelschs werden immer besser untersucht und verstanden, und immer mehr Organisationen gehen dagegen vor. Die britische Labour-Partei, die einst für ihren unverständlichen Sprech- und Schreibstil berüchtigt war, stellt ein Online-Wörterbuch freiwilligen Wahlhelfern zur Verfügung, die damit hoffentlich leichter in einem Umfeld bestehen können, in dem verwirrende Sprache die Norm ist. Die Campaign for Plain English ist eine Aktivistengruppe, die sich für eine einfache Kommunikation einsetzt. Die Initiative wurde 1979 gegründet, nachdem ihre engagierte Gründerin Chrissie Maher unverständlich geschriebene Regierungsdokumente am Parliament Square in London öffentlich zerrissen hatte. Die Organisation bietet Schulungen und Beratungen für Unternehmen, Institutionen und Gemeinden an und zeichnet alle, die sich verständlich ausdrücken, mit einem Gütesiegel aus.

Charli Nodone
Charli Nordone: "Bedeutungslose Phrasen regen die Mitarbeitenden nicht dazu an, mehr Initiative zu ergreifen."

Für Führungskräfte in der Wirtschaft gibt es eine wachsende Zahl von spezialisierten Sprachberatungsunternehmen, die Management-Kauderwelsch ausmerzen wollen. An vorderster Front in diesem Kampf steht The Writer, eine Agentur mit Büros in London und New York. Durch Trainingsprogramme und Workshops hilft The Writer seinen Kunden, ihre Botschaften geschickter zu vermitteln. Kreativdirektorin Charli Nordone hat viel Erfahrungen gemacht mit den operativen Kosten überflüssigen Fachjargons: Sie erinnert sich an einen Fall, bei dem ein Firmenkunde beschlossen hatte, "operative Exzellenz" im Unternehmen einzuführen. Die Initiative hatte fast keine Auswirkungen. In der Zwischenzeit hatte eine andere Abteilung die Bemühungen in "Alltägliche Dinge besser machen" umbenannt. Das Ergebnis: Die Leute arbeiteten besser und wurden produktiver. Nordone sagt dazu: "Bedeutungslose Phrasen regen die Mitarbeitenden nicht dazu an, mehr Initiative zu ergreifen, oder sich mehr anzustrengen, oder Kunden anzuziehen."

Die Gefahr des Kauderwelsch

Unternehmen verwenden manchmal sogar Euphemismen, um verwerfliche Handlungen weniger anstössig klingen zu lassen. Die Journalistin und spätere Lehrerin Lucy Kellaway wurde 1994 erstmals auf diese Art von Sprache aufmerksam. Bevor sie ihren Beruf wechselte, prangerte sie in ihren jährlichen Golden Flannel Awards in der Financial Times die schlimmsten Fälle von "Geschäftsschwachsinn" an. Sie machte auf den Autohersteller Ford aufmerksam, der Entlassungen als "people efficiency actions", also "Effizienzmassnahmen für Menschen", bezeichnete. Noch schlimmer ist vielleicht die Sprache, die Gig Economy Unternehmen verwenden, um Arbeitsgesetze und -vorschriften zu umgehen. Ein internes Memo des Essenslieferers Deliveroo enthält eine Auflistung von Formulierungen, die Mitarbeitende für ihre Boten verwenden sollen. Sie sind keine "Arbeitnehmer", sondern "unabhängige Lieferanten". Diese Bezeichnung schliesst sie von den Rechten für Arbeitnehmer aus.

Management Jargon
Die wirtschaftlichen Kosten des Firmen-Kauderwelschs werden immer besser untersucht und verstanden.

Untersuchungen aus den letzten Jahren zeigen auch, dass das "Corporate Kauderwelsch" schlecht für die Gleichstellung ist. Laut einer Studie von Business in the Community, einer britischen Wohltätigkeitsorganisation, schreckt die in Stellenbeschreibungen verwendete "Wirtschaftssprache" Jugendliche davon ab, sich auf Einstiegspositionen zu bewerben. Zwei Drittel der jungen Leute verstanden einen beispielhaften Stellenbeschrieb für Karriereanfänger nicht. Die Studie ergab auch, dass sich der Fachjargon negativ auf das Selbstvertrauen auswirkt und den befragten 16- bis 24-Jährigen das Gefühl gibt, dass sie einen Job nicht verdienen oder nicht gut genug sind. Die Befragten berichteten auch, dass sie sich eingeschüchtert fühlten und nicht wussten, worauf sie sich einlassen würden, wenn sie mit ihrer Bewerbung Erfolg hätten. Besonders besorgniserregend: Je benachteiligter die jungen Menschen in der Studie waren, desto eher liessen sie sich vom Fachjargon entmutigen.

Globaler Quatsch

USPs, pitches, townhalls, approaches: Die englischsprachige Welt rühmte sich früher damit, dass ihre Sprache die globale lingua franca des Handels sei. Wenn Menschen unterschiedlicher Muttersprachen in Shanghai, Rio de Janeiro oder Lagos ein Geschäft abschliessen, geschieht das in der Regel auf Englisch. Ein Nebenprodukt der Allgegenwärtigkeit des Englischen als Businesssprache ist laut Sandbach von Free Range Communications eine Globalisierung des englischen Fachjargons. Es hat seinen Weg in die Vorstandsetagen gefunden, und zwar in Sprachregionen von Zentralchina bis nach Südeuropa. "Diese Wörter sind nicht immer übersetzbar", sagt er. "Also tauchen sie überall in diesen Sprachen auf."

Laut Nordone können sich Unternehmen, die den Jargon vermeiden, einen Vorteil gegenüber ihren Konkurrenten verschaffen und - möglicherweise - durch eine klare und einfache Sprache eine Katastrophe abwenden. "Die Leute ignorieren etwas oder laufen davon, wenn sie es nicht verstehen. Langatmige Sprache, Geschäftssprache - all das schreckt den Leser ab", sagt sie. "Je nachdem, in welcher Branche man tätig ist, kann das in der Tat sehr gefährlich sein."

Angesichts der Tatsache, dass Geschäftssprache zunehmend mit kommerziellen Katastrophen in Verbindung gebracht wird, war es noch nie so wichtig, darauf zu verzichten. Wortverliebte Führungskräfte werden neue Wege finden müssen, um Brainstormings und Entlassungen zu beschreiben.

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