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Q4 2024 Berichtsaison: Das übliche Spiel

Nachdem in der vergangenen Woche mit Tesla, Microsoft, Meta Platforms und Apple vier der "Magnificent Seven" ihre Quartalszahlen vorgelegt haben, ist es ein guter Zeitpunkt für eine erste Einschätzung der Q4 2024-Berichtsaison. Auch in diesem Quartal funktioniert bisher das übliche Spiel: Die Schätzungen werden komfortabel übertroffen, nachdem sie zuvor gesenkt wurden.

Datum
Autor
Chris Burger, CFA, Senior Equity Analyst LGT Private Banking
Lesezeit
10 Minuten

Q4-Berichtssaison
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Stärkstes Gewinnwachstum seit drei Jahren

Laut FactSet haben bisher 36% der S&P 500-Unternehmen ihre Ergebnisse veröffentlicht. Die aktuelle Schätzung für das Gewinnwachstum - die Kombination aus den tatsächlichen Ergebnissen der Unternehmen, die bereits berichtet haben, und den geschätzten Ergebnissen der Unternehmen, die noch nicht berichtet haben - für das vierte Quartal liegt bei 13.2%. Dies steht im Vergleich zu 11.8% am Ende des Quartals (31. Dezember) und 14.7% am Anfang des Quartals (1. Oktober), und ist die höchste Wachstumsrate in einem Quartal seit drei Jahren. Die aktuelle Erwartung für das Umsatzwachstum im gleichen Zeitraum liegt bei 5.0%. Diese Prognose war im Laufe des Quartals von 5.2% auf 4.6% nach unten revidiert worden.

Markt honoriert Überraschungen überdurchschnittlich

77% der Unternehmen haben die Gewinnschätzungen übertroffen (63% die Umsatzerwartungen), was ziemlich genau dem historischen Durchschnitt entspricht. Insgesamt haben die Unternehmen die Gewinnschätzungen um 5.0% übertroffen, was leicht unter dem historischen Durchschnitt liegt. Bislang belohnt der Markt jedoch positive Gewinnüberraschungen überdurchschnittlich und bestraft negative Gewinnüberraschungen etwas weniger als in den letzten Jahren.

Positives Momentum bei Finanzen und Kommunikation überdeckt Schwäche im Industriesektor 

Für sieben der elf Sektoren wird für das vierte Quartal ein positives Gewinnwachstum erwartet, für fünf sogar ein zweistelliger Anstieg. Für vier Sektoren wird jedoch auch ein Gewinnrückgang prognostiziert. Interessanterweise sind die Sektoren mit dem höchsten Gewinnwachstum auch diejenigen, welche die stärksten positiven Gewinnüberraschungen melden konnten und umgekehrt. So haben die positiven Überraschungen von Unternehmen aus dem Finanzsektor (Goldman Sachs, Discover Financial Services, Travelers Companies und Morgan Stanley), die von einer niedrigen Vergleichsbasis profitieren können, und aus dem Kommunikationssektor (Meta Platforms) die teilweise negativen Überraschungen aus dem Industriesektor (Boeing, Lockheed Martin und GE Vernova) ausgeglichen. 

Europäische Unternehmen mit schwächerem Wachstum u.a. wegen des Energiesektors

In Europa ist die Berichtsaison noch weniger weit fortgeschritten. Die Wachstumsraten sehen allerdings etwas weniger beeindruckend aus, unter anderem aufgrund der hohen Vorjahresbasis im Energiesektor. Der Markt erwartet für das vierte Quartal ein Umsatzwachstum von 1.7% (ohne Energiesektor: +4.9%) und ein Gewinnwachstum von 1.5% (ohne Energiesektor: +5.3%) (Quelle: LSEG I/B/E/S).

Sehr positive qualitative Aussagen

Trotz aufkommender Unsicherheiten wie DeepSeek oder Trumps neuen Zöllen äusserten sich die Unternehmen auf den Analystenkonferenzen überwiegend sehr positiv. Sowohl Meta Platforms als auch Microsoft bekräftigten ihre Pläne, Investitionen in diesem Jahr weiter zu erhöhen. Eine Auswertung der Telefonkonferenzen zeigt, dass Begriffe wie "optimistisch", "besser" oder "stärker" im Vergleich zu "schlechter" oder "schwächer" auf den höchsten Stand seit drei Jahren gestiegen sind. Damit befindet sich der Stimmungsindikator der Bank of America Merrill Lynch für Unternehmen weiterhin auf einem Rekordhoch. Der Indikator eilt dem Gewinnzyklus um ein Quartal voraus und deutet auf einen anhaltenden Aufwärtstrend in der zu erwarteten Umsatz- und Gewinndynamik hin. 

Beschleunigung in der zweiten Jahreshälfte erwartet

Trotz des verbalen Optimismus hält sich die Anzahl der Unternehmen, die eine positive Gewinnprognose abgegeben haben - d.h. der Mittelwert der prognostizierten Gewinnspanne liegt über dem aktuellen Konsens - mit der Anzahl der Unternehmen, die eine negative Gewinnprognose abgegeben haben, in etwa die Waage. Dies liegt jedoch im üblichen Rahmen, zumal wir davon ausgehen, dass die Unternehmen angesichts der anhaltenden makroökonomischen und politischen Unsicherheiten konservativ agieren. Laut FactSet erwartet der Markt für den S&P 500 im ersten Quartal 2025 nun ein Gewinnwachstum von 10.1% bei einem Umsatzwachstum von 4.8%. Er erwartet zudem eine kontinuierliche Steigerung auf 10.9% im zweiten, 14.9% im dritten und 16.1% im vierten Quartal, was einem Gewinnwachstum von 14.3% für das Gesamtjahr entspricht. Dies bietet den Unternehmen und der Wall Street unserer Meinung nach ausreichend Spielraum, um die Schätzungen jeweils im Vorfeld der kommenden Quartale nach unten zu revidieren, um sie dann wieder übertreffen zu können. 

Wir halten am "Übergewicht" europäischer Aktien fest

In Europa erwartet der Markt für den Stoxx Europe 600 ebenfalls eine Beschleunigung, allerdings auf tieferem Niveau (auf 3.1% im ersten, 9.5% im zweiten, 11.9% im dritten und 9.3% im vierten Quartal). Der europäische Index (KGV: 14.0x) wird zudem mit einem beträchtlichen Abschlag gegenüber dem S&P 500 (KGV: 21.9x) gehandelt. Zudem dürfte die EZB die Leitzinsen schneller und stärker senken, da sich die Inflation der EZB-Zielmarke nähert und das Wirtschaftswachstum hinterherhinkt. Die stark exportorientierte Wirtschaft dürfte zudem vom schwächeren Euro profitieren. Wir sind daher weiterhin der Ansicht, dass europäische Aktien Aufholpotenzial bieten und halten an unserem "Übergewicht" europäischer Aktien im Portfoliokontext fest.

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