The Strategist

Vom Retter zum Bösewicht

Die Zentralbanken mutieren vom Retter zum Bösewicht und der Zinserhöhungszyklus zeigt erste Risse im System, wie die aktuelle Pleite der Silicon Valley Bank eindrucksvoll zeigt. Anleger sollten unserer Ansicht nach Geduld haben und in Unternehmen investiert sein, die im aktuellen Umfeld stabile Margen aufweisen. 

Datum
Autor
Thomas Wille
Lesezeit
10 Minuten
Federal Reserve Gebäude
© Shutterstock

In der letzten Ausgabe von "The Strategist" haben wir die Kredibilität der Zentralbanken thematisiert und beleuchtet. Auf einer Skala von eins bis zehn ist die Wichtigkeit der Glaubwürdigkeit als zentraler Punkt in der Wahrnehmung einer Notenbank in den letzten Tagen von neun auf zehn plus gestiegen. Die Bekämpfung der Inflation ist derzeit das einzige Ziel nicht nur der Währungshüter in Washington, sondern auch in Frankfurt bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Jeder noch so kleine Zweifel an der ultimativen Entschlossenheit soll sofort im Keim erstickt werden. Dies ist auch wichtig, um gegen eine potenzielle zweite Inflationswelle gewappnet zu sein, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Lasten der wirtschaftlichen Dynamik gehen würde.

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Vom Retter zum Bösewicht

Mehr als 25 Jahre lang hatten die westlichen Zentralbanken, allen voran die Federal Reserve, an den Finanzmärkten das Image des Retters in der Not. Wir erinnern uns noch an das Jahr 1998, als das Fed unter dem damaligen Vorsitzenden Alan Greenspan erstmals als Retter in weisser Rüstung einsprang, nachdem der Hedgefonds LTCM durch die Währungskrise in Russland in Schieflage geraten war. Der Ausdruck "Greenspan-Put" oder mit der Zeit geläufiger der sogenannte "Fed-Put" war geboren. Dahinter verbarg sich nichts anderes als die Überzeugung der Marktteilnehmer, dass Notenbanken einen Börsencrash, um jeden Preis zu verhindern versuchen. Greenspans Nachfolger (Bernanke, Yellen und Powell) haben diesen Glauben durch ihr Handeln - in jeder Krise die Bilanz der US-Notenbank auszuweiten - nicht nur am Leben erhalten, sondern damit auch Anleger zu immer höheren Risiken verleitet.

Den «Fed-Put» gibt es nun seit gut einem Jahr nicht mehr und die US-Notenbank hat diesem "Moral Hazard" glücklicherweise ein Ende gesetzt. Die Zentralbanken gelten nicht mehr per se als Retter in der Not, sondern sind quasi, wie in einem Hollywood-Film nun vielmehr an den Börsen zum Bösewicht mutiert. Dieses Bild ist vergleichbar mit der Verwandlung von Anakin Skywalker in Darth Vader, dem wohl berüchtigtsten Bösewicht im Star-Wars-Universum. Für Investoren, die nach wie vor (zu) viel Risiko in ihren Portfolios haben, sieht es - wenn wir bei Star-Wars bleiben - derzeit so aus, als würde das Imperium, also die Zentralbanken, zurückschlagen. Der steilste Zinserhöhungszyklus der westlichen Notenbanken der letzten 40 Jahre beginnt zu wirken und erste Risse im System oder Kollateralschäden zeigen sich bereits. Die Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) hat dies aktuell eindrucksvoll gezeigt und wird wohl nicht der einzige Fall bleiben. 

Da wir uns nicht mehr im Nullzinsumfeld befinden, werden die darauf basierenden Geschäftsmodelle wohl massiv unter Druck geraten. Daher ist es wichtig, nur in Unternehmen investiert zu sein, die auch im aktuellen Umfeld stabile Margen aufweisen und für eine mögliche Rezession gewappnet sind.

Abwarten und Tee trinken 

Die nächsten Zinsschritte der US-Notenbank sind nach wie vor sehr datenabhängig und die Unsicherheit hat durch die Insolvenz der Silicon Valley Bank nochmals zugenommen. Die kommenden Monate gehören unserer Ansicht nach nicht den mutigen, sondern den geduldigen Anlegern. Abwarten und Tee trinken ist angesagt. Diese Wartezeit wird dem Anleger aber durchaus versüsst mit einem Libor-Satz über sechs Monate von 5.45% im US-Dollar und 3.45% im Euro.

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