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Insights

Finfluencerinnen: Finanzwissen von Frauen für Frauen

Finfluencerinnen erobern die digitale Welt - und motivieren junge Frauen weltweit, ihre Finanzen zu meistern.

Datum
Autor
Annabelle Chapman, guest contributor
Lesezeit
10 Minuten
Anna-Sophie Hartvigsen, Emma Due Bitz und Camilla Falkenberg von Female Invest.
Female Invest von Dänemark: "Eltern bringen ihren Töchtern eher bei, wie wichtig Sparen ist, während sie ihren Söhnen beibringen, wie man Vermögen aufbaut." © Female Invest

Von den USA bis in die Schweiz haben wir in den letzten Jahren eine explosionsartige Zunahme von Finfluencern (ein Portmanteau von "financial influencers") beobachtet - darunter auch so einige Finfluencerinnen. Diese richten sich auffallend oft an junge Frauen in ihren 20ern und 30ern, die am Anfang ihrer Karriere stehen und sich fragen, wie sie ihr Geld erfolgreich verwalten oder ihr Vermögen noch besser aufbauen. 

Die meisten Finfluencerinnen weisen gleich zu Beginn darauf hin, dass es nach wie vor ein grosses Gender Pension Gap, also eine geschlechterspezifische Lücke bei den Renten, gibt: Die Rentenzahlungen an Frauen im Alter von über 65 Jahren liegen in den europäischen OECD-Ländern im Durchschnitt 25% unter denen der Männer. Doch die meisten Finfluencerinnen konzentrieren sich nicht auf die "Schadensbegrenzung" im Alter, sondern zeigen auf, wie man von Anfang an richtig investiert, vorsorgt, finanziell unabhängig wird und es auch bleibt.

Diese versierten und charismatischen Spezialistinnen verbreiten Inhalte über verschiedenste Plattformen, von Instagram und YouTube bis hin zu Newslettern und Podcasts oder sogar Events. Einige verdienen ihr Geld mit Werbung und Veranstaltungen, während andere kostenpflichtige Abonnements anbieten, die den Mitgliedern Zugang zu exklusiven Inhalten und einer Online-Community bieten. Diese Plattformen von Frauen für Frauen ermutigen (künftige) Investorinnen, ihr Vermögen aufzubauen, damit sie ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten können.

Hier sind fünf inspirierende Finfluencerinnen, die es sich zu entdecken lohnt:

USA: Chelsea Fagan, The Financial Diet

Chelsea Fagan und ihr Buch "The Financial Diet"
Finfluencerin Fagan in New York: Geld soll nichts Einschüchterndes oder Peinliches sein, sondern ein Thema, mit dem wir uns alle wohl und sicher fühlen. © Chelsea Fagan / TFD

The Financial Diet wurde 2014 gegründet und begann als Blog des New Yorker Millennials Chelsea Fagan. Seither hat er sich zu einem Medienunternehmen für junge Frauen entwickelt, die mehr über Investments wissen wollen. Fagan leitet ein achtköpfiges Team in ihren Büros in Manhattan. Auf ihrer Website heisst es: "Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Art und Weise, wie wir über Geld sprechen, grundlegend zu verändern, damit Geld nicht mehr etwas Peinliches oder Einschüchterndes ist, sondern ein Thema, mit dem wir uns alle wohl und sicher fühlen."

The Financial Diet ist voll von bodenständigen, einfachen Ratschlägen und behandelt Finanzthemen vom Aufstellen eines Budgets bis zum ersten eigenen Investment (der Inhalt richtet sich zwar an Frauen in den USA, ist aber grösstenteils auch für andere Länder relevant).  Ausserdem will The Financial Diet dazu beitragen, dass Frauen mit Freundinnen und Freunden, in der Beziehung und der Familie offen über Geld sprechen - sei es bei der Aufteilung der Rechnung während einer Partynacht oder bei der Zusammenlegung der Konten mit der Partnerin oder dem Partner.

The Financial Diet ist auf verschiedenen Plattformen aktiv, seine Stärke ist jedoch YouTube: Ihr Kanal hat eine Million Followers und bietet zwei kostenpflichtige Mitgliedschaftsstufen an.  Zu den beliebtesten von Fagans Clips gehören "7 Insane Ways Americans Waste Money" und "Six 'necessities' I no longer need since moving to Europe", die das amerikanische Konsumverhalten kritisieren und Frauen dazu ermutigen, bewusster mit ihrem Geld umzugehen.

Grossbritannien: Emilie Bellet, Vestpod

Emilie Bellet und ihr Buch "You're not broke, you're pre-rich"
Von Private Equity zu Finanzbildung: Die britische Finfluencerin Emilie Bellet. © Emilie Bellet/LinkedIn

Die gebürtige Französin Emilie Bellet arbeitete in Private Equity und bei Lehman Brothers, bevor sie 2016 Vestpod gründete, eine Online-Plattform für Frauen. "Ich möchte Frauen dabei helfen, finanziell unabhängiger zu werden, ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu leben und sich dabei selbstbewusst und zuversichtlich zu fühlen", sagt sie auf ihrer Website. Die gleiche Einstellung vertritt Bellet in ihrem Buch "You're Not Broke, You're Pre-Rich" (2019).

Bellets Ratschläge richten sich zwar an junge Frauen in der UK, doch ihre Botschaft der finanziellen Selbstbestimmung ist universell. Neben Veranstaltungen in britischen Städten bietet Vestpod auch Online-Events an, von einem monatlichen Buchclub bis hin zu einem sechswöchigen Bootcamp, in dem sie Themen wie "(Re)setting your money mindset" und "Managing money during uncertainty" behandelt, eine Anspielung auf den jüngsten Inflationsanstieg in Grossbritannien und vielen anderen Ländern.  

Vestpods Inhalte beschränken sich jedoch nicht auf das Überleben in der Lebenshaltungskostenkrise: Der wöchentliche Podcast "The Wallet" enthält Interviews mit unterschiedlichsten Frauen, von Finanzjournalistinnen bis hin zu Unternehmerinnen. Zu den beliebtesten Episoden gehören Gespräche mit Otegha Uwagba über die anfänglichen Berührungsängste mit Finanzen und Diskussionen mit Aja Barber über den Ausstieg aus der Fast Fashion. Wie alle Inhalte von Vestpod ist die Tonalität ermutigend und integrativ, ohne einschüchternden Finanzjargon.  

Deutschland: Margarethe Honisch, Fortunalista

Margarethe Honisch und ihr Buch "Easy Money"
Sind Anlegerinnen nicht ohnehin risikoscheu? Wegen solcher Vorurteile wurde Honisch zur Finfluencerin. © Margarethe Honisch / LinkedIn

Fortunalista wurde von Margarethe Honisch gegründet und hat sich ganz der finanziellen Bildung von Frauen verschrieben. Alles begann, als Honisch 2013 ihren ersten Workshop zum Thema Aktien und Anlegen besuchte. Als einzige Frau in einem Raum voller Männer hörte sie zu, wie Spezialisten der Gruppe erklärten, dass "Männer ihren Frauen nicht immer sagen sollten, wie sie ihr gemeinsames Geld anlegen" und dass "Frauen ohnehin risikoscheu sind". Nach vielen weiteren Kursen und Weiterbildungen gründete sie 2017 Fortunalista – zunächst als Finanzblog, in dem sie ihre eigenen Erfahrungen mit anderen Frauen teilte. Zwei Jahre später veröffentlichte sie ein Buch mit dem Titel "Easy Money": ein Buch voller Tipps, wie man investiert und auch spart, und das Leben doch noch geniesst.

Heute ist Fortunalista eine voll entwickelte digitale Plattform, über die in Publikationen vom Handelsblatt bis zur Vogue berichtet wurde. Zu den Produkten gehört ein sechswöchiges Online-Bootcamp, in dem die Teilnehmenden ihre eigene "individuelle Rentenlücke" berechnen, ihre Anlagestrategie festlegen und ein Aktienportfolio auswählen. Wie auf der Website zu lesen ist, bietet Fortunalista jedoch keine Finanzberatung an und empfiehlt auch keine bestimmten Aktien.  

Obwohl die meisten Inhalte von Fortunalista auch für andere Länder gelten, sind sie auf den deutschen Kontext zugeschnitten: Das Land hat eine der höchsten geschlechtsspezifischen Rentenlücken in der EU.  Wie auf der Website von Fortunalista zu lesen ist, erhält in Deutschland "jede dritte Frau eine Rente von weniger als 1000 Euro netto", verglichen mit etwa 15% der Männer.

Schweiz: Angela Mygind, MissFinance.ch

Angela Mygind lächelt in die Kamera
"Die Werbung und Präsentation von Finanzprodukten in der Schweiz spricht Frauen generell nicht an. Das Thema wird zu nüchtern und trocken behandelt." © Angela Mygind / Facebook

Angela Mygind arbeitet im Kanton Luzern als Assistentin der Geschäftsleitung eines internationalen Unternehmens und betreibt MissFinance.ch, das sich an ein deutschsprachiges Schweizer Publikum richtet. "Wie so viele Frauen habe ich mein Geld einfach auf der Bank geparkt. Obwohl mir bewusst war, dass das nicht besonders klug ist, schien die Hürde, etwas Besseres daraus zu machen, unüberwindbar", schreibt sie auf der Website. Jahre später beschloss sie, ihr erworbenes Wissen mit anderen zu teilen - insbesondere mit Frauen, denn: "Die Werbung und Präsentation von Finanzprodukten in der Schweiz spricht Frauen generell nicht an. Das Thema wird zu nüchtern und trocken behandelt."

Der Blog der Website enthält sowohl allgemeine als auch spezifische Schweizer Inhalte zu Themen von Krypto bis Mindset, vom Zusammenwohnen bis zum nachhaltigen Investieren.  Mygind betreibt auch einen Podcast namens "Money Matters", der sich als erster Finanz-Podcast für Frauen in der Schweiz bezeichnet und eine Mischung aus Finanzwissen, Geld-Mentalität und Erfahrungen von Frauen im Umgang mit ihren Finanzen bietet. Zu den aktuellen Themen des Podcasts gehören das Schweizer Rentensystem und der Umgang mit Geld nach einer Scheidung.

Dänemark: Anna-Sophie Hartvigsen, Emma Due Bitz und Camilla Falkenberg, Female Invest

Female Invest wurde 2017 von Anna-Sophie Hartvigsen, Emma Due Bitz und Camilla Cloëtta Falkenberg in Kopenhagen gegründet und "entstand, weil es so schwierig war, zugängliche und inklusive Finanzliteratur zu finden", wie es auf der Website heisst. Es handelt sich um eine abonnementbasierte Plattform: Nutzerinnen und Nutzer können eine jährliche oder monatliche Mitgliedschaft erwerben, die ihnen Zugang zu den Finanzlernprodukten von Female Invest verschafft, zu denen Kurse, wöchentliche Webinare und aktuelle Marktnachrichten gehören, aber auch eine internationale Community von Anlegerinnen.

Obwohl das Trio, das auf der Forbes-Liste der 30 unter 30 steht, aus Dänemark stammt, hat Female Invest eine grössere Reichweite: Es ist inzwischen nach London expandiert.  Die drei Anlegerinnen haben auch ihr erstes Buch veröffentlicht, Girls Just Wanna Have Funds, das sich selbst als "feministischer Leitfaden für Investments" bezeichnet.  Wie sie es ausdrücken: "Eltern bringen ihren Töchtern eher bei, wie wichtig Sparen ist, während sie ihre Söhne lehren, wie man Vermögen aufbaut." In diesem Sinne führt das Buch Schritt für Schritt durch den Investitionsprozess, einschliesslich der Vorbereitung, der ersten Anlagen und der Verwaltung des Portfolios.

Fazit: Lehrreich, motivierend, inspirierend

Vom ersten Job bis zur Scheidung - Finfluencerinnen können überall einen Mehrwert bieten. Auch wenn diese Frauen keine zertifizierten Finanzberaterinnen und ihre Tipps mit Vorsicht zu geniessen sind, helfen ihre breit gefächerten Bildungsinhalte und ihre aufmunternden Worte jungen Frauen, allfällige Berührungsängste mit Anlagen zu überwinden oder ihr Finanzwissen auszubauen.

Auch wenn die Details von Land zu Land unterschiedlich sind, ist das Gefühl der Selbstbestimmung und der Online-Community, das diese Finfluencerinnen bieten, universell. Letztlich geht es für Frauen und Männer um dieselben Grundsätze: früh mit dem Investieren beginnen und langfristig denken.

Frau am Handy, vor einer Skyline stehend
Nur einen Klick entfernt: Viele Finfluencerinnen richten sich an Frauen in ihren 20er und 30ern. © iStock

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