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Anlagestrategien

Humanoide Roboter Nicht nur Film, sondern Realität

Roboter, die nicht nur vorprogrammierte Befehle ausführen, sondern mitdenken: Dank der rasanten Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) und verwandter Technologien werden Maschinen immer vielseitiger - und humanoide Roboter immer realer.

  • von Tobias Aellig, Senior Equity Specialist Europe, LGT Private Banking
  • Datum
  • Lesezeit 4 Minuten

Humanoide Roboter könnten schon bald in Industrie und Pflege alltägliche Aufgaben übernehmen - auch wenn der Weg dorthin ein langer ist, sagt Tobias Aellig von LGT Private Banking. © Shutterstock/IM Imagery

Zusammenfassung

  • Humanoide Roboter verlassen die Labore und werden langsam Teil unseres Alltags
  • Erste Anwendungen werden ab 2025 erwartet - vor allem in der Industrie
  • KI macht Maschinen lernfähig, anpassbar - und alltagstauglich
  • Die wichtigsten Hürden bleiben Technik, Akzeptanz und Regulierung

Intelligente, menschenähnliche Roboter kennt man aus Filmen wie "Terminator" - oder aus Büchern wie "Ich, der Robot" von Isaac Asimov. Aber haben Sie solche Roboter bereits im Alltag gesehen?

Vielleicht ist Ihnen der weltweit erste Boxkampf zwischen humanoiden Robotern entgangen, der vom chinesischen Start-up Unitree Robotics veranstaltet wurde. Selbstverständlich war es ein Showkampf, aber zugleich auch ein Leistungstest unter realen Bedingungen. Und es war nur einer von vielen: Weltweit zeigen Unternehmen, was Prototypen bereits leisten - und wo die Grenzen liegen.

Bis man jedoch auf der Strasse einem humanoiden Roboter begegnet, wird es wohl noch dauern - bis zur breiten Marktreife bedarf es noch einiger Schritte. Aber die zugrundeliegenden Technologien entwickeln sich mit hoher Geschwindigkeit und eröffnen ein weites Feld künftiger Einsatzmöglichkeiten.

Das digitale "Gehirn" bekommt einen Körper

Jüngste Durchbrüche in der KI haben dazu geführt, dass Anwendungen wie ChatGPT längst im Alltag angekommen sind. Unternehmen setzen zunehmend auf KI-Assistenten und -Agenten, um ihre Produktivität zu steigern.

Humanoide Roboter sind die jüngste Weiterentwicklung der Robotik.

Doch KI kann nicht nur Informationen verarbeiten - sie kann auch mit der physischen Welt interagieren. Diese Form der KI wird häufig als Embodied AI oder Physical AI bezeichnet. Vereinfacht gesagt bedeutet das: Das digitale "Gehirn" bekommt einen "Körper", um in der realen Welt zu agieren.

Mit Hilfe von KI können Roboter sehen, lernen, sich bewegen, sprechen, Befehle entgegennehmen - und letztlich handeln. Fortschritte im Bereich der multimodalen KI erlauben mittlerweile die Verarbeitung und Verknüpfung verschiedener Formate wie Text, Bild und Video. Gleichzeitig entwickelt sich die Batterietechnologie weiter, Mikrochips werden leistungsfähiger, und die robotische Geschicklichkeit nimmt zu.

Von Maschinen zu denkenden Systemen

Mit KI und Feinmotorik ausgestattet, übernehmen humanoide Roboter zunehmend Aufgaben, die bislang Menschen vorbehalten waren - auch im Alltag. © KEYSTONE/XINHUA/Ju Huanzong

Traditionell wurden Roboter als Maschinen verstanden, die darauf programmiert sind, komplexe und oft repetitive Aufgaben automatisch auszuführen. Diese Definition greift angesichts von Fortschritten beim maschinellen Lernen und bei generativer KI zunehmend zu kurz. Während Industrie-, Service- und kollaborative Roboter weiterhin verbreitet eingesetzt werden, bilden humanoide Roboter die jüngste Weiterentwicklung. Sie sind intelligenter, beweglicher und anpassungsfähiger als ihre Vorgänger - und konzipiert, um sich in menschliche Umgebungen einzufügen und viele verschiedene Aufgaben zu übernehmen.

Potenzielle Einsatzbereiche reichen von der Industrie über den Einzelhandel und das Gastgewerbe bis hin zum Gesundheitswesen. Im Detail könnten humanoide Roboter im Handel etwa Regale auffüllen, Kundinnen und Kunden unterstützen, reinigen oder die letzte Meile bei Auslieferungen übernehmen. In der Pflege könnten sie älteren Menschen dabei helfen, länger selbstbestimmt zu Hause zu leben - durch Unterstützung im Alltag oder Erinnerungen an die Medikamenteneinnahme.

Günstige Arbeitskraft - mit grossem Potenzial

Sobald die Technologie skalierbar ist, eröffnen sich grosse Chancen. Arbeitskosten machen über 50 % der globalen Wirtschaftsleistung aus - in Nordamerika sind es sogar über 60 %. Wenn sich der von Elon Musk genannte Preis von rund USD 25'000 pro Roboter langfristig als realistisch erweist, erscheint der Return-on-Investment attraktiv - selbst unter Berücksichtigung von Betriebs- und Wartungskosten.

Aber bis zur breiten Markteinführung ist es noch ein weiter Weg. Zahlreiche Hürden - technischer, wirtschaftlicher und regulatorischer Natur - müssen erst noch überwunden werden. Entsprechend variieren auch die Prognosen zur Marktgrösse stark: Von USD 30 Milliarden bis USD 75 Milliarden im Jahr 2035 - mit weiterem starkem Wachstum bis 2050.

Fertigung startet - ab 2025

Was eben noch Vision war, wird greifbar: Humanoide Roboter stehen kurz vor dem Sprung in unseren Alltag. © KEYSTONE/AFP/Pedro Pardo

Wir gehen davon aus, dass 2025 den Übergang von der reinen Forschung zur ersten kommerziellen Anwendung markiert, also von humanoiden Robotern, die Forschungs- und Entwicklungsumgebungen verlassen und bestimmte Aufgaben autonom erfüllen können.

Mehrere Unternehmen - darunter AgiBot, UBTech und Tesla - haben angekündigt, mit der Produktion humanoider Roboter zu starten. Die ersten Anwendungen dürften in der Industrieproduktion erfolgen - dort, wo seit Jahrzehnten bereits nicht-humanoide Roboter eingesetzt werden. Die Einführung im Haushalt wird dagegen länger dauern: Hier sind die Anforderungen an Sicherheit, Vielseitigkeit und Akzeptanz deutlich höher.

In den entwickelten Volkswirtschaften dürften humanoide Roboter schneller Einzug halten - vor allem wegen der hohen Lohnkosten und des demografischen Wandels. Eine Ausnahme bildet China: Durch gezielte Technologiepolitik und eigene demografische Herausforderungen ist das Land auch in diesem Bereich besonders ambitioniert.

Ein langer, aber klarer Weg

Ein Mann in Anzug und Krawatte lächelt in die Kamera.
Tobias Aellig, LGT Private Banking

Wer über die Zukunft humanoider Roboter nachdenkt, sollte sich der vielfältigen Hürden bewusst sein: Für das Training benötigen sie enorme Mengen an Daten - deren Verfügbarkeit begrenzt ist. Zudem brauchen sie leistungsfähige, langlebige Batterien und effiziente Kühlsysteme, um datenintensive Prozesse und Bewegungen ausführen zu können.

Hinzu kommt: Die Materialkosten liegen heute - je nach Konfiguration - bei bis zu USD 300'000 pro Roboter. Das ist weit entfernt vom angestrebten Preis für die Massenproduktion. Zwar gibt es bereits günstigere Modelle, doch deren Fähigkeiten müssen sich weiter verbessern - und die Betriebskosten weiter sinken -, damit sich humanoide Roboter für Kundinnen und Kunden rechnen.

Auch gesellschaftlich könnte die zunehmende Automatisierung Spannungen auslösen. Wenn humanoide Roboter in grossem Umfang menschliche Arbeit ersetzen, ist mit politischen und sozialen Reaktionen zu rechnen. Die Regulierung wird eine zentrale Rolle spielen.

Ein vielschichtiges Ökosystem

Das Ökosystem rund um humanoide Roboter umfasst drei wesentliche Kategorien:

  • Integratoren (OEMs): Unternehmen, die Forschung, Design und Montage der Roboter übernehmen
  • "Gehirn"-Komponenten: Halbleiter- und Softwareanbieter, die die KI-Intelligenz ermöglichen
  • "Körper"-Komponenten: Hersteller von Aktuatoren, strukturellen Teilen, Batterien und weiteren Bauteilen

Die Leistungsfähigkeit humanoider Roboter ergibt sich aus dem perfekten Zusammenspiel von "Gehirn" und "Körper". In dieser frühen Phase dürfte eine vertikal integrierte Lieferkette einen Wettbewerbsvorteil darstellen. Mit steigenden Stückzahlen könnten Outsourcing-Modelle effizienter werden.

Wir erwarten, dass insbesondere Anbieter kritischer Bauteile und der benötigten Technologien zuerst von der Einführung profitieren. Aber auch Integratoren mit skalierbarem Know-how dürften langfristig zu den Gewinnern zählen.

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